Hauptversammlung der Initiative Magistrale für Europa – Ausbau der Schiene bietet Chance für mehr Klimaschutz und bessere Mobilität
Einen raschen Ausbau der europäischen Schienenachse Paris – Budapest/Bratislava fordern Politik und Wirtschaft auf der Hauptversammlung der Initiative Magistrale für Europa in Salzburg. „Es gibt keine umweltfreundlichere Art zu reisen als mit dem Zug“, sagt Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup, Vorsitzender der Initiative.
Ausbau bietet enormes Potenzial für die Regionen und ihre Menschen
Aus Sicht der Initiative besteht zwischen den Metropolen dieses Schienenkorridors wie Straßburg, Karlsruhe, Stuttgart, Ulm, Augsburg, München, Salzburg, St. Pölten und Wien ein enormes Verlagerungspotenzial von der Straße auf die umweltfreundliche Schiene: „Nach Ausbau der kompletten ‚Magistrale für Europa‘ lassen sich im Schienenpersonenverkehr jährlich rund 1,6 Millionen zusätzliche Umstiege vom Auto und Flugzeug auf die klimafreundliche Bahn realisieren. Auch mit Blick auf die Fachkräftesicherung ist eine enge Anbindung der Regionen und Metropolen an das hochrangige Schienennetz ein enormer Standortfaktor.“
Doch nicht nur für den Schienenpersonen-, sondern auch für den Güterverkehr hätte ein rascher Ausbau der „Magistrale“ große Vorteile, erläutert der Vorsitzende der Initiative: „Diese Entwicklungsachse verbindet die Produktionszentren im Osten mit Zielmärkten im Westen. Das Verkehrsaufkommen auf diesem Korridor ist mit täglich etwa 60 bis 70 Zügen bereits heute das zweithöchste in Europa.“
Engpässe müssen beseitigt werden
Die Initiative habe in drei Jahrzehnten große Ausbauprojekte maßgeblich unterstützt und mit vorangebracht, darunter die durchgehende Fertigstellung der Hochgeschwindigkeitsstrecke in Frankreich, den viergleisigen Ausbau Augsburg–München (Inbetriebnahme 2011), ein zusätzliches drittes Gleis über den deutsch-österreichischen Grenzfluss Saalach zwischen Freilassing und Salzburg Ende 2017, die Eröffnung der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm im letzten Jahr, aber auch attraktive Verbindungen wie den TGV-Verkehr zwischen Stuttgart (bzw. München) und Paris sowie die zwei neuen Nachtzugverbindungen zwischen Paris und Budapest.
Thomas Bopp, der Vorsitzende des Verband Region Stuttgart sieht mit der anstehenden Fertigstellung des Knoten Stuttgart einen weiteren Meilenstein für die gesamte Magistrale für Europa erreicht: „Mit der der für Dezember 2025 geplanten Inbetriebnahme von Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Stuttgart – Ulm wird ein wichtiger Abschnitt der Magistrale für Europa Realität. Außerdem geht dann der erste Digitale Schienenknoten über alle Zugarten hinweg in Betrieb. Mit dem später folgenden Anschluss des Flughafens, bekommt die Magistrale für Europa einen direkten Anschluss an den Flugverkehr.“
Generell kommt dem Land Baden-Württemberg auf der Magistrale Paris – Bratislava eine besondere Bedeutung zu: „Wir bringen nicht nur Ost und West zusammen, wir stellen auch die Verbindung zum Rhein-Alpen-Korridor zwischen Rotterdam und Genua her. Mit dem Vorantreiben des Infrastrukturausbaus zwischen Karlsruhe und Basel, dem Bau der Appenweier Kurve und dem Pilotprojekt Digitaler Knoten Stuttgart nimmt die Deutsche Bahn ihre Verantwortung im Herzen Europas wahr.“, so Thorsten Krenz, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für das Land Baden-Württemberg.
Gerade auf deutscher und österreichischer Seite seien jedoch auch noch einige Engpässe zu beseitigen, um neue Zugangebote auf der Entwicklungsachse zu ermöglichen, von West nach Ost:
- Ausbau der Appenweierer Kurve zwischen Straßburg und Karlsruhe
- Fertigstellung von „Stuttgart 21“ mit dem Knoten Stuttgart, dem Flughafenbahnhof und den noch offenen Bauabschnitten des Bahnprojekts Stuttgart–Ulm
- Aus- und Neubauprojekt Ulm-Augsburg
- Ausbau des Bahnknotens München und Augsburg für den Personen- und Güterverkehr
- Ausbau und Elektrifizierung der Strecke München–Mühldorf–Freilassing
- Neubaustrecke zwischen Köstendorf und Salzburg
- Ausbau der grenzüberschreitenden Abschnitte Wien–Bratislava und Wien–Budapest
Gerade für die Beseitigung des Engpasses zwischen München und Freilassing, dem einzigen Abschnitt ohne zwei durchgehende Gleise auf der gesamten „Magistrale für Europa“, setzt sich die Initiative im Schulterschluss mit der Wirtschaft des bayrischen „Chemiedreiecks“ seit Jahren ein. Wir nutzen den Rückenwind, den wir für die bayerischen Projekte von Wirtschaft und Politik haben. Und es geht voran. Zwischen Ulm-Augsburg wurde das Raumordnungsverfahren eingeleitet und bei der ABS 38 wurden bereits für mehrere Planungsabschnitte Genehmigungsunterlagen eingereicht. so Klaus-Dieter Josel, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für den Freistaat Bayern.
Auch Viktor Plank und Martin Rettenbacher, ÖBB-Infrastruktur AG, betonen die Notwendigkeit des Infrastrukturausbaus entlang der Magistrale für Europa: „Während der Abschnitt zwischen Wien und Linz bereits viergleisig ist, werden nun die Abschnitte Linz – Wels und in weiterer Folge Köstendorf – Salzburg ausgebaut. Kapazitätssteigerungen, Fahrzeit- und Taktoptimierungen sind die wesentlichen Eckpfeiler der strategischen Weiterentwicklung des österreichischen Bahnnetzes.
Doch auch östlich von Wien passiert auf der Magistrale für Europa gerade so einiges. Daherfreue man sich besonders, dass die Europäische Kommission den ungarischer Vorschlag eines Ausbaus zwischen Wien und Budapest mit Weiterführung bis Westrumänien als eines von 10 Pilotprojekten zur Förderung des grenzüberschreitenden Schienenverkehrs in der EU ausgewählt hat.
Neben Investitionen in den Ausbau der Schieneninfrastruktur gibt es kurzfristig ein großes Potenzial, die vorhandenen Kapazitäten besser zu nutzen. RailNet Europe (RNE) als Verband der europäischen Infrastrukturbetreiber stellt mit dem Timetable Redesign (TTR) einen neuen, intelligenten Ansatz vor. In diesem Zusammenhang freuen wir uns, sowohl die Kommission als auch die beiden Pilotantragsteller auf der Strecke Wien-Budapest dabei zu unterstützen, Kapazitäten für mehr Züge und schnellere Verbindungen sowohl für bestehende als auch für neue Betreiber zu sichern“, so Márton Spohn, Implementation Manager bei RailNetEurope.
Infrastruktur ist nicht alles
Für einen Korridor wie die „Magistrale für Europa“ sind jedoch nicht nur die entsprechenden Netzkapazitäten wichtig. Darüber sind sich alle Teilnehmer*innen der Hauptversammlung einig: „Wir wollen, dass der Zug auch auf großen Distanzen mit dem Flugzeug konkurrieren kann, so wie jetzt schon zwischen Stuttgart und Paris. Nur so kann die Bahn zum Treiber für mehr Klimaschutz werden und gleichzeitig die Mobilitätsanforderungen der Menschen erfüllen. Hierfür muss das Buchen von Bahntickets jedoch genau so einfach wie das Buchen von Flugtickets werden.“ Airlines betreiben seit vielen Jahren das sogenannte Codesharing, eine Praxis die den Reisenden das Buchen von Flugtickets extrem erleichtert. Eine ähnliche Praxis brauche es in Europa auch für Bahntickets.Doch hierfür müssten die Eisenbahnverkehrsunternehmen ihre Daten übergeordneten Diensten zur Verfügung stellen, so Mentrup weiter. „Gewinnen würden alle, vor allem jedoch die Fahrgäste.“
Ähnlich sieht das auch Jon Worth, Bahnaktivist und Initiator des #CrossBorderRail Projekts: „Verbesserungen der Infrastruktur sind wichtig, reichen aber nicht aus. Grenzüberschreitende Verbindungen brauchen – genau wie nationale Bahnverbindungen – regelmäßige Verbindungen rund um die Uhr sowie einfach zu nutzende Tickets und digitale Services. Ich freue mich sehr, dass die Hauptversammlung in Salzburg stattfindet, denn Salzburg-Freilassing ist eine hervorragende grenzüberschreitende Verbindung – mit dem Deutschlandticket, das bis Salzburg gilt, und dem Klimaticket, das bis Freilassing gilt. Wenn das nur an allen 160 Grenzen, die ich mit meinem #CrossBorderRail Projekt in der Europäischen Union besucht habe, so einfach wäre!“
Gründung des Vereins „Main Line for Europe e.V.“ als Zeichen der Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit
Die Initiative Magistrale für Europa gibt heute außerdem die Umgründung in einen eigenen Verein bekannt: Main Line for Europe e.V. lautet der Vereinsname, der die grenzüberschreitende Bedeutung des zukunftsweisenden Projekts unterstreicht. Die Entscheidung zur Vereinsgründung wurde im Zuge der Neuausrichtung und strategischen Weiterentwicklung der Initiative in den vergangenen zwei Jahren getroffen. Sie ist damit Ausdruck des Engagements und der gemeinsamen Vision der Mitglieder für ihre „Magistrale“.
Dass Salzburg als Gründungsort des neuen Vereins kein Zufall ist, betont auch Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. Stefan Schnöll, Vorstandsmitglied des Main Line for Europe e.V.:„Der Ausbau des europäischen Netzes sowie die Vereinheitlichung der Schienen-Standards müssen schneller vorangetrieben werden, damit wir einen gut abgestimmten grenzübergreifenden öffentlichen Verkehr in Europa schaffen. Viele staugeplagte Regionen innerhalb Europas können dadurch vom Verkehr entlastet werden. Da auch Salzburg vom grenzüberschreitenden Individualverkehr stark betroffen ist, werden wir die Zusammenarbeit mit dem Verein Main Line for Europe intensivieren, um unsere gemeinsamen Interessen zu bündeln und auf europäischer Ebene stark zu vertreten.“
Mit der Vereinsgründung wurde auch ein neuer Vorstand gewählt. Der Vorstand setzt sich aus hochkarätigen Vertreter*innen zusammen, darunter der für Verkehr zuständige neue Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreter Stefan Schnöll, der langjährige Vorsitzende der Initiative, Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup, die Straßburger Oberbürgermeisterin Jeanne Barseghian und der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart, Thomas Bopp. Die vielfältige Zusammensetzung des Vorstands spiegelt dabei die gemeinsame europäische Vision wider und unterstreicht das Engagement der Mitglieder zu einem wahren europäischen Bahnnetz.
Die Eisenbahnverbindung Paris-Budapest, diese zentrale und entscheidende Entwicklungsachse im Transeuropäischen Netz, steht im Fokus des Engagements von Straßbourg. Unser Ziel ist es, die Menschen Europas näher zusammenzubringen. In diesem Zusammenhang freuen wir uns auf eine bedeutende und strategische Zusammenarbeit an dieser wichtigen Bahnverbindung für die Zukunft unseres Kontinents. Gemeinsam möchten wir daran arbeiten, ein umfassendes transeuropäisches Schienennetz zu schaffen, das den ökologischen und sozialen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird, so Oberbürgermeisterin von Strasbourg und neu gewählte Vorständin des Main Line for Europe e.V., Jeanne Barseghian.